Den Schuh zieh ich mir nicht an.

Das ist eine Antwort auf ein Zitat aus diesem Text von Steinmädchen “Warum ich nicht mehr zu Selbstfürsorge(kritik) bloggen werde”.

Hier das Zitat:

“Ich finde das selbst oft schwer, nur zu gern beantworte ich Fragen, Aussagen, Schwierigkeiten mit: „Scheiß Patriarchat“. Und dabei spreche ich wieder von weißen Feministinnen. Mich irritiert es, wenn weiße Feminstinnen mir kommunizieren: Siehst du, die Schwarzen Frauen sind mehrfachdiskriminiert und die sprechen auch von Selbstfürsorge! Und wieder einmal wird dasselbe Audre Lorde Zitat herangezogen um die eigenen Aussagen zu stützen.

Für mich ist die Schwarze Kritik und radikale Praxis der Selbstfürsorge und auch Selbstliebe nicht einfach übertragbar auf einen weiß-deutschen Raum. Es riecht zu sehr nach Aneignung. Es reicht nicht, ein schönes passendes Zitat rauszusuchen und den restlichen Teil der Praxis rauszulassen. In diesem Text von Rose Arellano spricht diese sich für Selbstliebe und Selbstfürsorge aus, als absolute Notwendigkeit im Kontext von internalisiertem Rassismus und der Gewöhnung an (sexualisierte) Gewalt. Dieser Text macht für mich wie einige andere (z.B. von bell hooks über (Selbst)Liebe) wirklich noch mal deutlich, wie unterschiedlich Texte verortet sind – und was ich darin zu suchen habe, nämlich als Teil eines rassistischen Systems. Was aus einer Situierung heraus radikal sein kann, kann aus einer anderen mehr Reproduktion als Herrschaftskritik sein. Daher ist es umso wichtiger, Verantwortung für sich zu übernehmen und zu prüfen, wann ich nur um mich kreise und statt Puder vielleicht auch mal mit einem Arschtritt umgehen kann.” (Steinmädchen. Link s.o.)

Auf diesen Abschnitt in dem Text von Steinmädchen möchte ich eingehen, weil ich denke, sie meint direkt mich und meinen Text, den ich vorgestern veröffentlicht habe.
Ja, ich habe “das selbe Audre Lorde Zitat” herangezogen.
Aber nicht, um meine Aussagen zu stützen, oder zu begründen, wieso ich meinen “weißen Arsch pudere”. Sondern es ging mir darum, dass Selfcarekritik oft vergisst, dass die am wenigsten privilegierten Menschen am meisten Selfcare nötig haben und auch am meisten kompetente Sachen dazu geschrieben haben.

Mir war nämlich nicht gleich automatisch klar, dass sich die Selfcarekritik von Steinmädchen selbstverständlich nur an weiße Feminist_innen im weißdeutschen Kontext richtet. Es stand auch nirgends explizit dran, meine ich. Ich bin auch nur eine einfache Bäckerin. Mir muss eins vielleicht auch manchmal Sachen vorbuchstabieren.

Also zunächst einmal: Erleichterung und Juppiehdu, dass die Kritik der Selfcare speziell weiße Feminist_innen meint und die Selbstfürsorge Schwarzer Feminist_innen davon ausgeklammert wird. Das finde ich gut. Hätte ich das gewusst! Hätt ich mir ne Stunde Tipperei gespart.

Aber dann: Ich bin da nicht richtig verstanden worden, wenn du (@Steinmädchen) schreibst, “es riecht nach Aneignung”. Ich würde mir inzwischen (denn ich bin ständig am lernen) niemals anmaßen, Audre Lordes Zitate über das Überleben in einem System, das Schwarze mit seinem strukturellen Rassismus nicht am Leben lassen will, auf mich selbst anzuwenden.

Das Fazit ist einfach: ein unausgesprochenes Meinen von Weißen, ohne dass es deutlich benannt wird, gerät einfach zu einer Aussage, die für Alle gelten will. (Das denk ich mir nicht aus, sondern das ist auch strukturell.)
Und das fand ich nicht gut, und deshalb habe ich zu einem Abschnitt ausgeholt, wo ich darauf aufmerksam machen wollte, dass es ausser weißem Selfcare-Blahblah auch etwas Anderes gibt. Und das finde ich nicht gut, wenn mir das hinterher als Aneignung im Mund herumgedreht wird!

Ich kann ja trotzdem mal über Positionierungen nachdenken. Ich fand in dem Text dazu einige Anregungen, aber er war mir insgesamt viel zu vielschichtig, um mir auch nur annähernd sicher zu sein, worauf es hinausläuft und was die Knackpunkte in dem Text eigentlich sind.
Und da stosse ich auch an eine Grenze, wo ich merke, ich kann mich an der Debatte nicht mehr “richtig” beteiligen. Wo die Verunsicherung, ich könne für eine solche Diskussion zu blöd und ungebildet sein, einfach zu gross wird.

Ich meine das durchaus ehrlich, was ich unter dem Text kommentiert hatte, dass ich mit ihm etwas anfangen kann. Ich werde darüber nachdenken. In meinem Kämmerlein. Ist ja auch wat schönes.